Interview


Am Anfang war der Elternbeirat

Dr. Walter Hahn,1. Vorsitzender und
Ute Drews, Stv. Vorsitzende, im Gespräch über die Anfänge und die Zukunft der Bürgerstiftung.

Wie sind Sie dazu gekommen, sich in der Bürgerstiftung zu engagieren?

Ute Drews: Als Mutter von vier Kindern war ich lange Zeit im Elternbeirat. Die Diskussion um ein zweites Gymnasium in Rottenburg war für mich der Anlass, mich in den Gemeinderat wählen zu lassen. Während meiner Zeit als Gemeinderätin und danach war ich Sprecherin der Bürgermentoren in Baden- Württemberg. Dabei kam ich in Kontakt mit Bürgermentoren aus anderen Städten. In den Gesprächen erfuhr ich, was eine Bürgerstiftung bewirken kann und dachte mir: So etwas brauchen wir auch in Rottenburg!

Walter Hahn: Interessanterweise begann mein Engagement ebenfalls zunächst im Elternbeirat. Ich finde, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit zu einem er- füllten Leben dazu gehört, und dass eine Bürgerstiftung breite Betätigungs- möglichkeiten bietet. Meine Frau Reinhilde Spatscheck war im Initiativkreis dabei, der die Bürgerstiftung gegründet hat. Als sich der Vorstand neu formiert hat, sah ich eine Möglichkeit, meine beruflichen Qualifikationen im Projektmanagement und in der Organisation einzubringen.

Was hat Sie während ihrer Arbeit für die Bürgerstiftung überrascht?

Ute Drews: Man hat in der Bürgerstiftung sowohl eine große Verantwortung als auch einen gewissen Leistungsdruck. Man stößt etwas an, wie den Geschichtspfad oder die Renovierung des Kreuzwegs zur Altstadtkapelle und weiß im Voraus nicht, ob man genügend Geld für das Vorhaben einsammeln kann.

Ist die Bürgerstiftung denn eine reine Geldeinsammel- und Ausgabestiftung?

Walter Hahn: Am Anfang eines Bürgerstiftungs-Projektes steht meiner Ansicht nach nicht das Geld. Am Anfang steht vielmehr eine Projektidee zur Lösung z. B. eines sozialen Problems wie bei Akku Plus oder

den Lernpatenschaften. Zur Lösung braucht es dann vor allem gute Ideen und Menschen, die sich für die Idee begeistern und gemeinsam anpacken wollen. Erst dann kommt das Geld, zusammen mit vielen organisatorischen und manchmal auch rechtlichen Fragen ins Spiel. Hier setzt jetzt die Bürgerstiftung an: Sie realisiert selbst oder zusammen mit Kooperations- Partnern Projekte wie die Renovierung des Kreuzwegs oder den Geschichtspfad und unterstützt Menschen wie beim Bürgerprojekt Lebensraum Weggental dabei, ihre wichtigen Ideen für unsere Stadt zu realisieren.

Ute Drews: Wir können Spendenquittungen ausstellen. Um große Projekte alleine finanzieren zu können, haben wir momentan noch nicht die Mittel.

Wie kann ich mich bei der Bürger- stiftung einbringen, wenn ich jung bin, wenig Zeit habe und noch keine Hunderter spenden kann?

Ute Drews: Ich kann meine Zeit und auch meine Ideen einbringen. Man kann als „Zeitstifter“ einmal im Jahr zwei Stunden beim Vorlesetag mitmachen. Oder man kann sich kontinuierlich in einem Projekt engagieren, z.B. beim Artenschutz im Weggental.

Wo liegen die Grenzen der Bürgerstiftung? Haben Sie auch schon Projekte absagen müssen?

Ute Drews: Wir dürfen laut Satzung kei- ne Privatpersonen unterstützen, sondern nur gemeinnützige Aufgaben. Auch können wir keine Projekte unterstützen, die in den öffentlichen Aufgabenbereich fallen.

Walter Hahn: Wichtig ist eine gute Idee, und Menschen, die sich dafür einsetzen wollen. Dann, so ist unsere Erfahrung, findet man Schritt für Schritt auch die finanziellen Mittel, um diese Idee um- zusetzen.

Was hat die Bürgerstiftung bisher erreicht?

Ute Drews: Die Bürgerstiftung zeigt mit ihrer breiten Palette von Projekten, dass sich bürgerschaftliches Engagement in unserem Gemeinwesen lohnt. Sie bietet einen organisatorischen Rahmen und ein Netzwerk von Menschen, die es jedem Bürger ermöglichen, sich selbst und auch eigene Ideen einzubringen.

Welche Ziele wollen Sie mit der Bürgerstiftung in den nächsten Jahren angehen?

Walter Hahn: Wichtig sind die Menschen. Menschen, die sich engagieren möchten zum Wohle unserer Stadt, als Zeitstifter und/oder als Geldstifter. Noch sind viele Stifter aus der Initiativgruppe und deren Kontakten. Wir möchten uns künftig breiter aufstellen, in den Teilorten präsenter sein, mehr junge Leute einbinden, auch Brücken zu Migranten schlagen. Ohne Frage ist dafür auch eine aktivere Darstellung unserer Arbeit in der Öffentlichkeit wichtig.